Es gleicht einer Achterbahnfahrt, wenn sich das innovative New Economy Startup mit realistischer Bewertung und gutem Gründerteam neben dem 100. Getränkeerfinder mit Millionenbewertung einreiht. In den Shows ringen die Gründer um die Gunst der Investoren, die sie sehr oft auch erhalten.
Dennoch liest man in den Medien, wie zum Beispiel auf www.gründerszene.de oder dem österreichischen Pendant Brutkasten, wie viele der Deals im Nachhinein scheitern. Gerade Gründerszene führt über die Höhle der Löwen-Investoren richtige Sujets mit Dealstatistiken. Von den in Staffel 8 gepitchten 40 Startups erhielten 25 einen Deal in der Show. Tatsächlich gehalten hat der Deal nur bei 58%.
Doch was ist der Grund, dass derart viele Deals im Nachgang scheitern, obwohl zuvor in der Sendung die Zusage erfolgte. Am Anfang war das Wort, so beginnt ein alter Bibeltext. Diese Passage des Satzes lässt sich wohl auch auf Investmentzusagen ummünzen. Wenn das Gründerteam die Bühne verlässt, beginnt vielfach am selben Tag hinter den Kulissen die Arbeit. Die Investoren haben meist Expertenteams hinter sich, die ab der Investmentzusage möglichst schnell versuchen, sich einen ersten Überblick über das neue Familienmitglied zu verschaffen. Was ist der Status Quo, welche Kanäle werden bereits benutzt, wie funktioniert der Verkaufsprozess, was ist der Markt und und und. Es werden also alle möglichen Informationen über das Unternehmen, das Umfeld, das Produkt und die Gründer gesammelt.
Diese Infos dienen dann als Grundlage der anstehenden Due Diligence.
Die Due Diligence:
Eine Due Diligence wird vor jedem Investment durchgeführt. Klassisch bekannt ist dabei die Prüfung der Zahlen. Eine Due Diligence ist aber weit mehr und kann das Blatt in den darauffolgenden Verhandlungen nochmals komplett drehen oder eben zu einem Dealbreaker werden. Der Investor und meist auch das Startup beginnen, sogenannte Due-Diligence-Teams zusammen zu stellen. Je nach Komplexität und Transaktionsvolumen gehören diesen Teams meist ein Unternehmensberater, ein Steuerberater und ein Rechtsanwalt an. Im Hintergrund arbeiten aber Patentexperten, Marketingexperten, Vertriebler und Techniker dem Verhandlungsteam zu. Was nun passiert ist, dass das Startup alle Dokumente, Verträge, Zahlen, Bilanzen, …. offenlegt. Dies passiert heute meist remote in einem gesicherten Datenraum. Jeder Stein wird aufgehoben und die vorliegenden Informationen werden mit den Recherchen der Experten verglichen.
Eine solche Due Diligence dauert seine Zeit. Man sollte nach einer Investmentzusage also bis zu 6 Monate rechnen, bis der Beteiligungsvertrag tatsächlich unterschrieben werden kann. Natürlich geht es oftmals auch schneller. Wenn du allerdings im Budget schon sehr knapp bist und die Geldspritze des Investors über Sterben oder Leben deines Startups entscheidet, solltest du dir schon mal einen Plan B zurechtlegen, oder eben früh genug mit der Suche beginnen.
Hier die Gründe, warum das Investment während der Due Diligence scheitert:
1) Pitch:
Ein Elevatorpitch ist und bleibt nun mal eine Verkaufspräsentation. Im Pitch versuchen sich die Startups bestmöglich zu präsentieren. Natürlich ist das was wir im Fernsehen zu sehen bekommen, nur ein Zusammenschnitt des gesamten Gespräches. Und hier ist es, wie überall im Verkauf. Da und dort werden die blanken Fakten gerne blumiger dargestellt, als sie eigentlich sind. Ist dies der Fall und entdeckt der Investor im Nachhinein grobe Unstimmigkeiten ist das natürlich ein Dealbreaker.
2) Halte was du versprichst!
Es ist verlockend, dem Investor zu erzählen was er gerne hören möchte. Das wird vor allem dann zum Problem, wenn der Investor auf Basis völlig anderer Tatsachen investieren möchte. Sehr oft scheitert es zum Beispiel am Punkt Intellectual Property. Der Gründer erzählt im Pitch vom beantragten Patent – das ist der Zeitpunkt wo die Investoren beginnen die Ohren zu spitzen. Besteht ein Patent hat man etwas mehr Zeit das Produkt zur Marktreife zu bringen und prinzipiell auch in den ersten Jahren nach Markteinführung nicht die unmittelbare Kopiergefahr der Konkurrenz.
Wenn die Gründer von Patent sprechen, meinen sie oftmals jedoch kein wirkliches Patent. Vielfach liegt nur eine eingetragene Marke vor, vielleicht ein Geschmacksmuster, oder Gebrauchsmusterschutz. Langläufig mag man das alles unter dem Begriff Patent sammeln. Fachlich ist das aber einfach falsch und somit ein definitiver Dealbreaker.
3) Die Chemie muss stimmen:
Nachdem man sich in der Show beschnuppert hat, weiß man zwar ein paar Eckdaten über den anderen, wirklich kennen tut man sich aber keinesfalls. Ja, man hegt hoffentlich bereits nach dem Pitch eine gewisse gegenseitige Sympathie. Ist das nicht der Fall, lassen viele Investoren sofort die Hände weg, da sie meist weder Lust, noch Zeit, noch Nerven für sozial schwierige Gründerpersönlichkeiten und komplizierte Diskussionen haben.
Die Chemie zwischen dem Gründerteam und dem Investor muss einfach stimmen. Die Visionen müssen zueinander passen und der Drive muss da sein. Die meisten Startups scheitern, weil man sich im Gründerteam in irgendeiner Weise verkracht hat. Das kann an einer neuen Beziehung eines Gründers liegen, der deshalb nicht mehr die gleiche Zeitressource für das Unternehmen hat, an einem veränderten Fokus, an Geldsorgen oder anderen finanziellen Fragen und und und. Die Gründe sind mannigfaltig. Egal warum sich das Gründerteam verkracht, der Investor hat definitiv keine Lust den Kindergartenonkel oder den Mediator zu spielen.
Deshalb ist es neben der Due Diligence wichtig, ein Gefühl für das Gründerteam zu bekommen. Wie ticken denn die Gründer? Und wie tickt der Investor? Ein gemeinsames Unternehmen ist wie eine Ehe – es braucht eine solide Vertrauensbasis, um gut voran zu kommen, Loyalität, gemeinsame Werte und Ziele und den nüchternen Blick sowie Problemlösungskompetenz, wenn es wirklich mal zum Streit kommt. Eine Diskussion, eine Meinungsverschiedenheit oder sogar ein Streit sind völlig normal. In jeder guten Beziehung, wie auch im Geschäftsleben. Wichtig ist aber, den Konflikt auf einer sachlichen Ebene auszutragen und nicht wie in der Pubertät schmollend in einer Ecke zu sitzen. „Die Faustregel ist, dass man sich nach einem Konflikt immer noch vertraut und in die Augen schauen kann“, verrät Florian Kandler in seinem Buch Business Angels, Business Devils.
Wenn der Streit nämlich eskaliert, verlieren beide Seiten im schlimmsten Fall sogar alles – auch das ist wie in der Ehe.
4) Fachliche Fähigkeiten:
Der Gründer oder das Gründerteam sind der Hauptfact, in den der Investor investiert. Immer wieder machen Gründer alles an ihrer Idee fest, dabei wiegt diese am Ende nur etwa 3 %. Viel wichtiger ist, ob die Gründer fachlich in der Lage sind, das Unternehmen zu führen und am Markt zu bestehen.
Mit einem Investor kauft man sich keinen Mitarbeiter und auch keinen CEO ein. Das Gründerteam muss also unbedingt die wichtigsten Skills in sich vereinen, oder für fehlende Skills einen Plan haben, wie diese ergänzt werden sollen. Meist ist das ja der CTO, da es weit weniger Programmierer gibt als Gründer mit einer digitalen Idee. Klar kann man Know-how zukaufen, vielfach wird das sogar unbedingt notwendig sein – einen guten Performance Marketer im Anstellungsverhältnis exklusiv zu bekommen, ist ein Ding der Unmöglichkeit.
Der Investor wird jedoch immer prüfen, ob er den Gründern die Qualifikation, die Motivation, den Willen und die Stärke zutraut, das Ding groß zu machen. Ein Investor will nicht ein paar tausend Euro verdienen und er ist auch keine Bank, die sich mit ein paar Prozent Zinsen zum eingesetzten Kapital zufrieden gibt und wenn du scheiterst deine Wohnung kassiert, die als Sicherheit hinterlegt wurde.
Die Frage ist also: Habens die Gründer drauf? Können sie das Produkt zur Marktreife bringen? Machen sie unser gemeinsames Unternehmen zur Priorität Nummer 1 in ihrem Leben? Und vor allem, ist der CEO auch in 2-3 Jahren noch in der Lage das Unternehmen operativ zu leiten, Mitarbeiter zu führen, die Zahlen im Griff zu haben und Entscheidungen zu treffen? Wenn das nicht der Fall ist, muss das prinzipiell noch kein Dealbreaker sein. Die Motivation kann man durch strenge Klauseln im Beteiligungs- und Syndikatsvertrag (Stichwort Bad Leaver) schon eine Zeit lang aufrechterhalten werden. Vielleicht hat der Investor auch schon einen Interims Manager im Auge, der das Unternehmen begleiten soll, oder vielleicht kommt zügig ein externer CEO. Als Gründer kann ich solche Pläne meist ganz gut in der Reflexion meiner eigenen Kompetenz und aufgrund des Regelwerkes in den geschlossenen Verträgen ableiten.
Wenn ich mir bewusst bin, dass irgendwann ein externer CEO nötig sein wird, weil ich als Techniker keine Lust auf Finanzen und Mitarbeiterführung habe, ist das definitiv eine gute Sache. Ich sollte nur die Chance haben, mich bewusst dafür zu entscheiden. Wichtig ist nur, dass Gründer und Investor auch in diesem Thema an einem Strang ziehen, was oft nicht ganz einfach ist, wenn besonders der Gründer emotional befangen ist. ,
5) Red Flags
Jeder Investor hat ein paar Grundregeln für seine Investments. Diese können von Investor zu Investor stark divergieren, bilden aber üblicherweise das Fundament seiner Tätigkeit. Im Laufe eines Business Angel Lebens macht man verschiedene Erfahrungen, positiver wie negativer Natur – die meisten Business Angels waren bereits, bevor sie zum Angel wurden, erfolgreiche Unternehmer und auch diesen Erfahrungsschatz bringen sie mit ein. Das ist unter anderem der Grund, warum ein Business Angel Investment einen derart hohen Mehrwert darstellt.
Natürlich spiegeln sich aber die Erfahrungswerte des Investors auch in seinen Vorstellungen wider. Daraus resultieren dann sogenannte Red Flags, also rote Linien (oder Flaggen) die in der Verhandlung gesetzt werden und wo der Investor sich nicht (bis in Ausnahmefällen ganz wenig) verhandlungsbereit zeigt.
Meist betrifft dies z.B. das Konkurrenzverbot der Gründer, verschiedene Klauseln des Gesellschaftsvertragen, Abstimmungsmodalitäten, möglicherweise sind es aber auch Themen wie, dass der Business Angel einen bestimmten Steuerberater haben möchte, der seine Beteiligungen betreut, oder eine gewisse Form des Reportings.
Gerade die Regelungen im Beteiligungsvertrag (oftmals wird ein solcher in der Praxis gar nicht geschlossen), im Gesellschaftervertrag oder im Syndikatsvertrag basieren auf den Erfahrungswerten des Investors und darauf, dass kein Investor in jeder seine Beteiligungen ein völlig anderes Vertragswerk haben möchte. Wäre dies der Fall und verwaltet der Angel, wie meist üblich 10 und mehr Beteiligungen, müsste er immer alle Vertragsdetail, z.B. im Falle von Abstimmungsmodi im Gedächtnis haben. Bei A einstimmig, bei B einfache Mehrheit und bei C qualifizierte Mehrheit – das ist einfach zu kompliziert und in der Praxis völlig untauglich.
Der Investor setzt also in den Verhandlungen seine Red Flags, Punkte, die ihm besonders wichtig sind, oder markiert damit auch Punkte, die für ihn auf keinen Fall in dieser Form passen und ein Dealbreaker wären.
Als Gründerteam solltet ihr euch immer überlegen, ob ihr mit den vorgeschlagenen Regelungen oder den gesetzten Red Flags leben könnt oder nicht. Das eine oder andere kann man sicherlich noch nachverhandeln. Für gute Verhandlungen auf Augenhöhe sind Investoren immer offen.
Wichtig dabei ist, die Bodenhaftung nicht zu verlieren. Manche Gründer scheinen zu vergessen, dass ihnen Unternehmer mit jahrelanger Erfahrung und erstklassiger Erfolgsbilanz gegenübersitzen, wenn sie Bewertungen jenseits von Gut und Böse, oder inakzeptable Forderungen in die Verhandlungen miteinbringen.
Verhandeln ist gut – Übermut kostet meist Reputation und ist vielfach ein Dealbreaker.
6) Konstruktion von Bob der Baumeister
Mach dich nicht größer oder kleiner als du bist. Wenn der Investor einen guten Charakter hat, und danach sollest du suchen, wird er sich als Partner sehen und fair behandeln. Was Investoren jedoch gar nicht gerne mögen ist, wenn man ihn für dumm verkauft. Kein Investor möchte in irgendeine Konstruktion à la Bob der Baumeister investieren. Ich besitze eine Holding, diese hält Anteile an 3 Firmen. Firma A ist die Produzentin, diese verkauft die produzierte Ware an Firma B. Firma C hält das Intellectual Property, also die Markenrechte und Patente. B zahlt an C Lizenzgebühren um das Intellectual Property nutzten zu dürfen. Unser Angebot ist es nun, sich an Firma B zu beteiligen. Nein – einfach nein. Das was du hier anbietest, ist die Beteiligung an einer Vertriebshülle. Wenn du morgen nicht mehr produzierst wird B ausgehungert. Wenn du übermorgen das IP an einen anderen Produzenten verkaufst wird B ausgehungert. Vom gesamten Firmenerfolg zahlt B alle Kosten, der Business Angel hilft B richtig groß zu machen und die Einzigen, die profitieren sind A und C – respektive deine linke und rechte Hosentasche.
Du liest diese Zeilen und denkst dir -klar – was für ein schräges Beispiel. Leider passieren solche Angebote immer wieder. Erst in der letzten Staffel von 2 Minuten 2 Millionen versuchte ein Tiroler Gründer ein Investment für eine reinen Vertriebsverbund bekommen. Aber auch andere Business Angels berichten immer wieder von derartigen Angeboten. Auch das Angebot, in die eigene Person zu investieren, wie es in letzter Zeit der eine oder andere mittelmäßig begabte Netzwerkmarketer immer wieder in diversen Investmentgruppen anbietet, wird dir kein seriöser Business Angel erfüllen. Sorry.
7) Da wurde doch getrickst
Das Schlimmste, und gleichzeitig der absolute Dealbreaker ist, wenn der Investor in der Due Diligence draufkommt, dass du getrickst hast. Egal ob es beim Patent war, oder bei den Zahlen. „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht…“ ist ein altes Sprichwort, welches auch in Investorenkreisen wohl bekannt ist. Bilanzen sind ja prinzipiell immer „nur“ eine verspätete Momentaufnahme und der Steuerberater kann meist nur bilanzieren, was der Unternehmer ihm vorlegt. Wenn beispielsweise auf Waren falsche Bewertungsverfahren angewandt wurden, wenn Rückstellungen gebildet wurden, die man nach den Grundätzen ordentlicher Buchführung niemals bilden hätte dürfen, aber auch wenn, weit weniger offensichtlich, Bestellungen aus dem aktuellen Jahr überwiegend im letzten Wirtschaftsjahr fakturiert wurden, um die Bilanz etwas zu frisieren, oder der versprochene Abnahmevertrag mit dem neuen Großlieferanten nicht mal als Beispiel für gute Handschlagsqualität ausreicht. Niemand will gerne über den Tisch gezogen werden, Investoren schon gar nicht.
Versucht euch, mit Augenhöhe zu begegnen. Nein, du bist kein Bittsteller und ein seriöser Investor wird dich auch nicht als solchen behandeln. Aber natürlich braucht es ein offenes und ehrliches Gespräch. Jeder von uns stand vielleicht schon einmal nicht so gut da, egal ob beruflich oder privat. Wenn du dem Investor aber erst im Laufe der Due Diligence, oder vielleicht gar nicht (und er selbst darauf kommt) darauf hinweist, dass du privat hoch verschuldet bist, sich gerade deine Scheidung anbahnt, der bisherige Investor eigentlich schon lange aussteigen möchte, du noch Unternehmensanteile an anderen Firmen hältst oder du mit einer anderen Ablenkung kämpfst, ist das vielfach ein Dealbreaker.
Leg die Karten offen auf den Tisch, dann können beide Seiten entscheiden, ob man zusammenarbeiten möchte und in welcher Form oder nicht. Dinge zu verheimlichen, schöner darzustellen oder das Gegenüber anders über den Tisch zu ziehen kann nie die Lösung sein.